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Transformation braucht einen engen Austausch

SCHREINER GROUP

Transformation braucht einen engen Austausch

Weil die Schreiner Group als Vorzeige-Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit gilt, hat die Zeitschrift TECHNIK+EINKAUF ein umfangreiches Interview mit Dr. Jens Vor der Brüggen (Leiter Forschung + Entwicklung) und Christoph Thurl (Leiter Einkauf) geführt und in der Septemberausgabe veröffentlicht. Denn die beiden gelten als Experten für nachhaltige Materialumstellungen im Sinne des Kreislaufgedankens und gleichzeitiger Liefersicherheit. Mit Genehmigung der Redaktion veröffentlichen wir hier einen Auszug aus dem Fachgespräch rund um PFAS-Verbot, Lieferkrise sowie Transparenz und Transformation der Lieferketten.

Das PFAS-Verbot (PFAS ist eine Abkürzung für per- und polyfluorierte Chemikalien) steht im Raum, wenn auch mit noch zu definierenden Ausnahmen. Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Austausch von Materialien und Lieferquellen in der Vergangenheit gemacht?

Thurl: Auf Umweltthemen, regulatorische Gegebenheiten und Stoffverbote müssen wir schon immer reagieren. Diese Material- und Portfolioumstellungen sind ein Beispiel für die gute Zusammenarbeit zwischen Einkauf, Entwicklung, Vertrieb und Qualitätsmanagement. An den Materialumstellungen sind alle Schnittstellen beteiligt.

Vor der Brüggen: Das PFAS-Verbot ist für uns ein strategisches Thema. Trotzdem ist es natürlich so, dass für die Entwicklung völlig neuer Werkstoffe selbst zehn Jahre kein allzu langer Zeitraum ist. Bei neuen Materialien geht es vor allem um das richtige Zusammenspiel.

Dr. Jens Vor der Brüggen verantwortet als Leiter Forschung und Entwicklung das übergreifende Technologiemanagement der Schreiner Group.
Dr. Jens Vor der Brüggen verantwortet als Leiter Forschung und Entwicklung das übergreifende Technologiemanagement der Schreiner Group.
Christoph Thurl leitet den Einkauf der Schreiner Group, für die er seit 2014 – zunächst in der Lieferantenentwicklung – tätig ist. Thurl verantwortet den globalen strategischen Einkauf des Unternehmens.
Christoph Thurl leitet den Einkauf der Schreiner Group, für die er seit 2014 – zunächst in der Lieferantenentwicklung – tätig ist. Thurl verantwortet den globalen strategischen Einkauf des Unternehmens.

Welcher Innovationsanteil kommt vom Beschaffungsmarkt, welcher von Ihnen?

Vor der Brüggen: Unsere Produkte entstehen durch die intelligente Kombination verschiedener Technologien und aus konstruktiven Lösungen. Deshalb kommt der größte Innovationsanteil immer von uns.

Wie hat Schreiner die Lieferkrise erlebt?

Thurl: Wir waren wie viele Unternehmen stark betroffen. Trotzdem konnten wir durch unser professionelles Krisenmanagement unsere Liefertermintreue durchweg auf einem guten Niveau halten. Bezahlt gemacht hat sich das partnerschaftliche Verhältnis mit unseren Lieferanten und unsere Preferred-Supplier-Strategie. Mit der Einstufung in unserer Lieferantenpyramide verbinden sich Rechte und Pflichten. Eine Anforderung lautet höchste Flexibilität in Krisensituationen.

Funktionierten alternative Materialien auch mal besser als bisherige?

Vor der Brüggen: Technologisch war der Unterschied in den meisten Fällen gar nicht so groß. Trotzdem hätten wir diese Änderungen unter normalen Umständen bei den Kunden nicht durchbekommen. Wir liefern in sehr sensible Industrien. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass durch die positiven Erfahrungen Änderungen ggf. künftig leichter zu platzieren sind. Aus Kostengründen, aus Gründen der Nachhaltigkeit oder um die Lieferkette abzusichern.

Bei Materialumstellungen geht es um das richtige Zusammenspiel. Und da spielen wir uns die Bälle sehr gut zu.

Hat sich die Transparenz in der Lieferkette erhöht?

Thurl: In der Offenlegung der Lieferketten ist unsere Branche eher restriktiv, da in den Lieferketten viel Know-how steckt.

Die Transformation der Lieferketten braucht aber Transparenz. Wie gehen Sie damit um? Schreiner will bis 2030 klimaneutral werden.

Vor der Brüggen: Ja, das stimmt. Bis Ende 2023 wollen wir unsere Produktion klimaneutral stellen und bis 2030 klimaneutral werden – inklusive Scope 3. Das ist ein ambitioniertes Ziel. Aber wir sind auf einem sehr guten Weg. Wir beziehen seit zehn Jahren Ökostrom und stellen unsere komplette Heizenergie jetzt auf Wärmepumpen um. Da sind wir durchaus ein Vorreiter.

Wo stehen Sie beim Scope 3?

Thurl: Im ersten Schritt brauchen wir Transparenz über die Emissionen und über die ethischen Themen in unseren Lieferketten. Wir fallen ab 2024 unter das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Aktuell setzen wir über IntegrityNext eine Lösung auf, um diese Daten von unseren Lieferanten zu generieren.

Vor der Brüggen: Auf Basis von Sekundärdaten haben wir uns schon vor sieben Jahren mit dem Thema Product Carbon Footprints beschäftigt. Wir können damit sehr gut dem Kunden zeigen, wie viel CO2 er bei einem Produkt mit Rezyklatanteil im Vergleich zum Standardprodukt einspart. Auf dieser Ebene haben wir bereits eine sehr hohe Transparenz.

Die langfristige und stabile Verfügbarkeit der Rohstoffe unter Einbezug der globalen Herausforderungen ist aktuell unser Kerngeschäft.

Was sind die nächsten Schritte?

Vor der Brüggen: Das Erfassen von Primärdaten ist die große Herausforderung über die gesamte Lieferkette. Diese Transparenz können wir alleine nicht erzeugen. Es wird noch einige Jahre dauern, bis die Industrien so weit sind, dass die CO2-Werte vergleichbar sind und wir einen vergleichbaren Standard haben. Hierzu braucht es den Austausch von Organisationen, von Branchenverbänden und eine harmonisierte Datenbank.

Publikation im Leitmedium
TECHNIK+EINKAUF ist das Leitmedium für alle am industriellen Beschaffungsprozess beteiligten Entscheider. Es richtet sich in erster Linie an technische und strategische Einkäufer, Konstrukteure, Produktioner und Geschäftsführer. Die Printausgabe erscheint sechsmal pro Jahr – im September wurde auf vier Seiten das umfangreiche Interview mit den Vertretern der Schreiner Group veröffentlicht.